Film-DVD "Der Name der Rose"

Umberto Ecos Bestseller von 1980 wurde durch den Produzenten Bernd Eichinger mit einem Budget von 20 Millionen Dollar verfilmt. In Deutschland erreichte der 1986 erschiene Film 5,9 Millionen Kinozuschauer. Nachdem die deutschen DVD-Auflagen durch TaurusVideo (1998) und Kinowelt (2003) nur in VHS-Qualität vorlagen und zudem vergriffen bzw. aufgrund von Lizenzstreitigkeiten nicht erhältlich waren, präsentiert nun Warner Home Video am 20. Juli 2004 eine DVD-Veröffentlichung in überarbeiteter Form.

Produktion    Produzent: Bernd Eichinger, Regie: Jean-Jacques Annaud, BRD / Frankreich / Italien 1986
Darsteller Sean Connery, F. Murray Abraham, Christian Slater, Elya Baski
Genre Thriller, FSK: 16
Ausstattung Bild: 16:9 anamorph, Ton: deutsch + englisch: DD 5.1, Laufzeit: 126 min

Eine Kriminalgeschichte des christlichen Dogmatismus

Morde im Kloster
Im Jahre 1327 sind der Franziskanermönch William von Baskerville (eine Anspielung auf den Scholastiker William von Ockham sowie Sherlock Holmes in "Der Hund von Baskerville") und sein Novize Adson von Melk (dem Erzähler) zu Gast in einer abgelegenen und unwirtlichen Benediktinerabtei in den italienischen Alpen, um dort an einem Disput zwischen Delegationen des Bettelordens der Franziskaner und des prunkvoll in Avignon residierenden Papstes teilzunehmen. Es geht um den Versuch einer friedlichen Beilegung des Streits über die Frage, ob die Kirche arm sein sollte. Die Franziskaner beharren auf der Armutsforderung und fürchten, zu Ketzern erklärt zu werden.

Doch wird der normalerweise triste und eintönige Alltag in der Abtei gerade von einer Serie mysteriöser Morde überschattet, welche den sieben Posaunen der Johannesapokalypse zu folgen scheint. Während die Mönche Gefangene ihres Glaubens bleiben und in Panik verfallen, gebrauchen William und Adson ihren Verstand, um sich durch detektivische Detailarbeit und logischem Schließen der Aufklärung der Verbrechen anzunähern. Die Spur der gesammelten Indizien verweist sie dabei schnell auf die streng gehütete Bibliothek der Abtei. Durch ihre Recherche erhalten sie auch tiefe Einblicke in das Klosterleben. So offenbart sich ihnen hinter dem Schein der Frömmigkeit eine Welt voller Heuchelei, Intrigen und Korruption. Williams kühlen Rationalismus und psychologischen Verständnisses steht dabei christlich-dogmatisches Denken entgegen, das stur auf Indoktrination, Einschüchterung und Autorität setzt.

"Lachen tötet die Furcht und ohne Furch kann es keinen Glauben geben. Wer keine Furcht vor dem Teufel hat, der braucht keinen Gott mehr."
In einer Nebenhandlung missachtet Adson die Keuschheitsauflage seines Noviziats und lässt sich auf eine Liebesaffäre mit einem Bauernmädchen ein. Doch trifft mit der päpstlichen Delegation auch der fanatische Inquisitor Bernard Gui im Kloster ein, welcher gleich nach seiner Ankunft zwei Mönche der Häresie und Adsons Geliebte der Hexerei bezichtigt und ihnen durch Folter die gewünschten Geständnisse entreißen lässt. Weil Williams diese Vorverurteilung nicht akzeptieren will und basierend auf seiner Theorie des Verbrechens korrekte Vorhersagen über weitere Morde macht, wird er nun selbst der Ketzerei und des Mordes beschuldigt und muss fliehen. Die Scheiterhaufen stehen bereits in Flammen, als Williams schließlich den Schlüssel der Verbrechen in Form einer letzterhaltenen Ausgabe eines Buches von Aristoteles findet, welches die Komödie und das subversive Lachen rechtfertigt und somit die Autorität des Glaubens gefährdet. Der griesgrämige und blinde Bibliothekar Jorge de Burgos hatte die Seiten des Buches vergiftet. Nach Aufdeckung des Verbrechens lässt er die labyrinthische Klosterbibliothek mit ihren Bücherschätzen bis auf die Grundmauern niederbrennen.

Unter Beratschlagung durch 7 Historiker wurden Frisuren und Kleidungsstücke, Requisiten und Gebäude detailgetreu historischen Beschreibungen nachempfunden. Um der Story eine passend düstere Atmosphäre zu verleihen, wurden die Aufnahmen mit fahlem oder kalt-blauem Licht produziert. Die Umgebung wirkt kahl und öde, die Mönche sind dem Zuschauer schon aufgrund ihres wenig gesund wirkenden Äußeren unsympathisch.

Kritik

Dem Film fehlt zwar die historische und philosophische Tiefe, für die Ecos "Professorenroman" berühmt ist, er vermittelt jedoch in schaurigen Bildern einen Eindruck von der Lebenssituation der Mönche und den lebensfeindlichen Verhältnissen des christlichen Abendlandes im 14. Jahrhundert, als die Kirche gewaltsam um ihren Anspruch auf weltliche und geistige Macht kämpfte und mit absurden, abergläubischen Dogmen, wie dem Schüren von Satans- und Hexenangst, versuchte, Menschen unterwürfig zu machen, und Andersgläubige, Aufklärer und Humanisten auf Scheiterhaufen zerrte.

Ein spannender und anspruchsvoll produzierter Thriller, der die ethisch inakzeptablen Folgen von irrationalem Religionswahn und viele Abscheulichkeiten der scheinheiligen Seligkeitsverkäufer unter dem Symbol des grausam gequälten Leichnams bildlich bloßstellt: Inquisition, Autodafés, Folter, Ausbeutung der hungernden Bevölkerung durch Abgaben und Ablasshandel, Tiermissbrauch, allgegenwärtiger Sexismus, geistige Unterdrückung und fortschrittsfeindlicher Dogmatismus.

Kritisch angemerkt werden muss jedoch der fehlende Bezug von Gewalt und Intoleranz zur christlichen Lehre sowie der (im Gegensatz zum Buch) positive Ausgang des Films, welcher so gar nicht in den historischen Kontext passen will. William von Baskeville kämpft als Heldenfigur für eine Befreiung des Verstandes aus der Knechtschaft des Glaubens und hat auch selbst alle sich im Widerspruch zur Realität befindlichen mythologische Glaubensinhalte überwunden, bewahrt sich aber als Protagonist seiner Zeit einen metaphysischen Glauben. Der historische William von Ockham beschuldigte den Papst der Häresie...

Bewertung: sehr gut


 


Autor: Reinhard v. Szalghary